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Blog für Inspirationen

Fallstricke auf dem Weg zu mehr Menschlichkeit

Fallstrick Nummer 1:
*Dieses Gefühl will ich nicht!*

Fallstrick Nummer 2:
*Ich meditiere jeden Tag. Mein Fokus ist meinen Geist zu schulen. Gefühle hindern mich an meinem spirtuellen Weg.*
Eine meditative Praxis die Gefühle abspaltet/trennt/negiert, hat nichts mit Spiritualität zu tun.

Fallstrick Nummer 3:
*Ich will Gefühlskompetenz und zwar sofort und steige mit den heißesten Themen ein.*
Es macht keinen Sinn, sich zu überfordern. Kompetenz und unser „Fühlkörper“ brauchen Zeit, um sich zu entwickeln. Setzt du dich zu sehr unter Druck, ist Frust vorprogrammiert. Möglicherweise erstarrst du, landest im Überlebensmodus und damit in deinen Schutzmustern, und gewonnen ist nichts. Letztendlich entsteht nur wieder Leid.
Sorge dafür, dass ein sanfter, zugewandter Anteil in dir achtsam ist mit dir und deinen inneren Antreiber im Blick hat.
Falls ein Gefühl für dich unerwartet sehr belastend ist, z. B. weil du es unterschätzt hast, wende dich von ihm ab und sorge für deine Stabilisierung. Halte dich z. B. mit deinen Händen – Brust/Bauch, oder Nacken und Herz. Diese Haltungen sprechen den *ventralen Vagus* an, der für Beruhigung und Ausgleich des autonomen Nervensystems zuständig ist. Wenig ist mehr!!!

Fallstrick Nummer 4:
*Ich will es wissen, und beiße mich an dem jeweiligen Gefühl fest.*
Wenn du dich festbeisst, setzt du dich und dein Nervensystem unter unnötigen Druck. Es genügt vollkommen, dass jeweilige Gefühl zu fühlen. Erkennen und benennen zu können sind schon große Schritte in Richtung Gefühlskompetenz. Und damit genug! Nimm‘ diesen „Geschmack“/den Eindruck, den du gewonnen hast von dem Gefühl in die warme Stube deines Herzens und gib ihm einen Platz…..Shift go. Wenig ist mehr!!!

Fallstrick Nummer 5:
*Ich bin das Gefühl.*
Das Gefühl hat dich am Haken. Du bist als ganzes Wesen damit identifiziert. Vereinnahmt.
Die Herausforderung ist, dein bewusstes Ich – oder nenne es deinen inneren Zeugen an deiner Seite zu haben und damit die Perspektive zu wechseln. Ein Übungsfeld.

Fallstrick Nummer 6:
*Ich möchte meine Gefühle kontrollieren und endlich einen Haken hinter bestimmte Gefühle in mir machen. Wenn ich ganz ehrlich bin, möchte ich in bestimmte Zustände gar nicht mehr kommen und sie loswerden. Sofort!*
Ein zutiefst menschliches Bedürnfnis, doch deine Lebendigkeit wird in deiner Abwehr/in deiner Blockade gebunden. Gefühlskompetenz kann sich nicht ent-wickeln. 

WICHTIG: Wenn es um Gefühlskompetenz geht, geht es darum, zu lernen, Gefühle überhaupt wahrzunehmen – zu fühlen. Immer unmittelbarer. Dazu gehört auch, sie benennen zu können. Es geht nicht darum Gefühle auszuagieren, sondern vielmehr darum, mit ihnen zu sein. Ein Gefäß in sich zu entwickeln, wo diese sein können. Die nächste Stufe wäre dann, auch sichtbar damit in Beziehung gehen zu können – ohne die Verantwortung dafür an das Gegenüber abzugeben. Denn deine Gefühle sind DEINE Gefühle.

Hohe Schule, ich weiß! Und ich bin davon überzeugt, dass es sich lohnt, in diese Kompetenz zu investieren. Die Teilnahme an ‚Der Tafel der Gefühle‘, und davon inspiriert dein beharrliches Forschen im Alltag könnten ein Weg dahin sein.

Interessant und hilfreich zu all dem ist die ‚Polyvagal Theorie‘ von Stephen W. Porges.

Die nächste, zu diesem Thema von mir entwickelte Übungspraxis im Format einer Online-Meditation ‚Die Tafel der Gefühle‘ biete ich am:
Donnerstag, 8. Oktober 2020 um 19:30 Uhr an.
Dauer: ca. 1,5 Std.
Kosten: 18 Euro (inkl. MwSt u. Zoom-Gebühr).
Anmeldung bitte per E-Mail an: info@sabine-schroeder-seminare.de.

 

Gefühlskompetenz und Lebendigkeit

Woher kommt nur diese unglaubliche Wut?

Diese Frage habe ich mir in den letzten Monaten immer öfter gestellt. Mein innerer Kampf wurde immer unerträglicher. Der Versuch, zu unterdrücken, was mir meine Seele an Hinweisen schickte, funktionierte immer weniger. Die Folge: Wut, Ärger, innerer Kampf, Frust und Unzufriedenheit.

Irgendwann konnte ich nicht mehr wegschauen, es wurde klar: Hier läuft etwas grundsätzlich schief.

Gefühle..…

Auch wenn dieser Anfang von meinem Newsletter nicht so klingen mag, ich erlebe gerade eine zutiefst inspirierende Zeit. Das vorherrschende Thema heißt „Gefühle“, auf das ich heute einmal mehr Bezug nehmen möchte.

Vermutlich kennst auch du die Momente, in denen du gefühlsmäßig überfordert bist und auf gewohnte Schutzmechanismen zurückgreifst. Momente, wo du dich rettest, über Schutz- und Abwehrmechanismen wie Flucht, Angriff oder Erstarren.

Mir sind alle drei Mechanismen bekannt. Wobei Starre, Luft anhalten, und der gleichzeitig damit beginnende innere Dialog in Form von analysieren, projezieren, bewerten und rechtfertigen, um irgendwie die Kontrolle über meine Gefühle zu bekommen, meine vertrauteste Reaktion ist.

Überwältigt von zuviel (?) Gefühl

Wenn ich an meine Kindheit denke, war da viel Überforderung im Umgang mit meiner Gefühlsvielfalt. Ich erinnere mich an Aussagen wie: Sei nicht so empfindlich. Was du schon wieder hast? Du bist so kompliziert. Immer bist du gleich beleidigt. Stell dich nicht so an…

Aus all diesen Aussagen verinnerlichte ich Glaubenssätze wie: Meine Gefühle sind falsch. Da ist etwas ganz grundsätzlich nicht richtig an mir. Ich muss anderes fühlen. Ich muss anders sein. Gefühle sind eine Schwäche von mir. Meine Gefühle überfordern mich und andere.

Die Folge: Ich habe mich mir selbst entfremdet, gelernt, Vieles zu unterdrücken und nicht gelernt, wie ich mit meinen Gefühlen sein kann. Da war niemand, der mir helfen konnte, ein Gefäß zu entwickeln, um meine Gefühlsvielfalt als einen Schatz zu erleben.

Das Kollektiv und unser Erbe

Denn all die Erwachsenen um mich herum hatten selbst keinen Zugang zu ihren Gefühlen, oder wenn, dann waren sie selbst davon überwältigt. Sie gehörten zur Kriegskindergeneration, einer Generation, die früh lernen musste zu funktionieren um zu überleben, viel zu arbeiten – auch um nicht fühlen zu müssen.

So konnten sie mir nicht vermitteln, mit Gefühlen zu sein und verantwortlich damit umzugehen. Was sie mich lehrten und sich in mir stattdessen ausbilden konnte, war meine Ratio. Ich lernte, alles über den Kopf zu erklären, zu analysieren, spaltete meine Gefühle ab und konnte vieles verstehen – nur nicht mich selbst.

Die Tafel der Gefühle

Vor ein paar Wochen kam eine Meditation zu mir. Sie bekam von mir den Namen Die Tafel der Gefühle. Es war ein heiliger Moment. Es ist, als ob sich etwas in mir zu drehen beginnt. Mir wurde gewahr, ich bin jetzt soweit, meine Gefühle fühlend kennenzulernen und anzunehmen. Der Weg führt mich weg vom kognitiven Verstehen meiner Gefühle, direkt hinein in mein Herz.

Die Herausforderung, Gefühle jenseits von Geschichten und Auslösern fühlen zu lernen

Aufnehmen statt ablehnen oder manipulieren/verändern. Vertraut werden, weicher werden, flüssiger. Den Herzraum hierfür öffnen und wachsen lassen. Sanftes trainieren des Fühlens. Üben und lernen, mit puren Gefühlen zu sein. Auf Herzebene ein „hallo du“, zu jedem einzelnen Gefühl, dass sich zeigt. Das Gefühl benennen lernen. Raus aus dem Leid, das die Gewohnheit, Geschichten an die Gefühle zu hängen, auslöst.

Es ist nicht immer möglich, Schmerz zu vermeiden. Schmerz ist Teil unseres Lebens. Doch Leid ist eine Entscheidung. Sich gegen das Leiden und für das Fühlen zu entscheiden – ohne Anhaftung an Geschichten, ist lernbar.

Gefühle sind wertvolle Hinweise aus unserem Innersten. Sie helfen uns u. a. eigene Bedürfnisse und unsere Grenzen wahrzunehmen und uns über den Kontakt mit uns selbst im Außen zu positionieren.

Mal laut, mal leise, mal angenehm, mal unangenehm, mal fremd, mal überwältigend, mal schmerzhaft, mal getrennt, dann wieder verbunden, erschütternd, ohnmächtig, machtvoll… Wie ein bunter Blumenstrauß entfaltet sich langsam die Fülle der zutiefst eigenen menschlichen Vielfalt. Wichtig dabei ist, dass auch die schwierigen Gefühle zu unserem menschlichen Potential gehören. Um bei dem Bild des Blumenstraußes zu bleiben, vervollständigen sie die innere Farbpalette unseres Seins.

Gefühlskompetenz ist erlernbar

In der schamanischen Arbeit wird von Seelenanteilen gesprochen, die integriert werden wollen. Die Integration geht über den Weg des Herzens.

Sein. Atmen. Sanfter Mut. Das Herz lernt in die Fülle zu entspannen. Das Nervensystem lernt mit, wird vertraut mit der frei werdenden Lebendigkeit.

Ich lade dich ein auf einen Weg zu mehr Gefühlskompetenz:

Die Tafel der Gefühle – eine geführte Online-Meditation

Der nächste Termin hierzu ist am Di. 26. Mai 2020 um 19:30 Uhr. Das erste Angebot dazu gab es bereits am vergangenen Donnerstag, und in mir ist Lust auf mehr. Es braucht sanfte Übungsräume. Daher werde ich dieses Angebot weiter ausbauen.

Außerdem werde ich das Seminar: Unverschämt lebendig vom 9.-12. Juli 2020 inhaltlich zu diesem Kontext weiterentwickeln. Der Fokus wird auf Gefühlskompetenz und Lebendigkeit liegen. Die Sicherheitsabstände werden in diesem Seminar gewährleistet sein. Anmeldungen sind ab sofort möglich.

Gerne begleite ich dich ein (weiteres) Stück deines Weges.

Isolation in Zeiten der Veränderung

Grandma, wie schaffe ich diese Zeit der Isolation?

Meine Tochter, Isolation ist eine besondere, geheimnisvolle und heilige Zeit. Es ist eine Phase des Wartens und der Vorbereitung auf ein neues Leben. Es ist die Phase, die eine große Veränderung hervorbringt.

Und wie bereitet man sich auf diese Veränderung vor?

Mit einfachen, echten und liebevollen Taten. Kämme jeden Morgen dein langes Haar mit Hingabe und löse alle Knoten, auch die versteckten, die du immer vernachlässigt hast. Es ist an der Zeit, alle Knoten mit dem Kamm anzugehen. Dann widme dich auch der Entwirrung der Strähnen deiner Lieben. Mit Geduld wirst du versuchen, das Ende der Strähne zu finden, den genauen Anfangspunkt des Themas. Schon mit diesen einfachen aber kraftvollen Handlungen wirst du außen und in dir Ordnung schaffen. Mit dem Lösen deiner körperliche Knoten beginnst du, auch deine inneren Knoten zu erreichen

Und nachdem ich die Knoten gelöst habe, was kann ich tun, Grandma?

Entferne alles an dir, was nicht mehr schöpferisch ist. In diesen Tagen, meine Tochter, sortiere Kleidung aus, die du lange nicht mehr getragen hast oder die du nicht mehr nutzen willst, öffne die Fenster deines Hauses weit, um die abgestandene Luft raus zu lassen, entwickle neue Gedanken indem du die alten aufgibst, widme dich der Erschaffung neuer Gewohnheiten, neuer Bräuche und neuer Traditionen.

Grandma, ich fürchte, dass sich nach dieser Isolation nichts ändern wird. Der Mensch vergisst schnell…

Wie andere auf diese Zeit der Isolation reagieren werden, geht dich nichts an. Bemühe dich um Veränderung und verpflichte dich, nicht zu vergessen. Sorge dafür, dass dieser Sturm dich so sehr erschüttert, dass er dein Leben komplett revolutioniert.

(engl. Text von Elena Bernabé, indigene Völkerkultur). Danke Elena!

Die Welt nach Corona

Die Corona-Rückwärts-Prognose: Wie wir uns wundern werden, wenn die Krise „vorbei“ ist (von Matthias Horx)

Ich werde derzeit oft gefragt, wann Corona denn „vorbei sein wird” und alles wieder zur Normalität zurückkehrt. Meine Antwort: Niemals. Es gibt historische Momente, in denen die Zukunft ihre Richtung ändert. Wir nennen sie Bifurkationen. Oder Tiefenkrisen. Diese Zeiten sind jetzt.

Die Welt as we know it löst sich gerade auf. Aber dahinter fügt sich eine neue Welt zusammen, deren Formung wir zumindest erahnen können. Dafür möchte ich Ihnen eine Übung anbieten, mit der wir in Visionsprozessen bei Unternehmen gute Erfahrungen gemacht haben. Wir nennen sie die RE-Gnose. Im Gegensatz zur PRO-Gnose schauen wir mit dieser Technik nicht »in die Zukunft«. Sondern von der Zukunft aus ZURÜCK ins Heute. Klingt verrückt? Versuchen wir es einmal:

Die Re-Gnose: Unsere Welt im Herbst 2020

Stellen wir uns eine Situation im Herbst vor, sagen wir im September 2020. Wir sitzen in einem Straßencafé in einer Großstadt. Es ist warm, und auf der Strasse bewegen sich wieder Menschen.
Bewegen sie sich anders? Ist alles so wie früher? Schmeckt der Wein, der Cocktail, der Kaffee, wieder wie früher? Wie damals vor Corona? Oder sogar besser?
Worüber werden wir uns rückblickend wundern?

Wir werden uns wundern, dass die sozialen Verzichte, die wir leisten mussten, selten zu Vereinsamung führten. Im Gegenteil. Nach einer ersten Schockstarre führten viele von sich sogar erleichtert, dass das viele Rennen, Reden, Kommunizieren auf Multikanälen plötzlich zu einem Halt kam. Verzichte müssen nicht unbedingt Verlust bedeuten, sondern können sogar neue Möglichkeitsräume eröffnen. Das hat schon mancher erlebt, der zum Beispiel Intervallfasten probierte – und dem plötzlich das Essen wieder schmeckte. Paradoxerweise erzeugte die körperliche Distanz, die der Virus erzwang, gleichzeitig neue Nähe. Wir haben Menschen kennengelernt, die wir sonst nie kennengelernt hätten. Wir haben alte Freunde wieder häufiger kontaktiert, Bindungen verstärkt, die lose und locker geworden waren. Familien, Nachbarn, Freunde, sind näher gerückt und haben bisweilen sogar verborgene Konflikte gelöst.
Die gesellschaftliche Höflichkeit, die wir vorher zunehmend vermissten, stieg an.

Jetzt im Herbst 2020 herrscht bei Fussballspielen eine ganz andere Stimmung als im Frühjahr, als es jede Menge Massen-Wut-Pöbeleien gab. Wir wundern uns, warum das so ist.

Wir werden uns wundern, wie schnell sich plötzlich Kulturtechniken des Digitalen in der Praxis bewährten. Tele- und Videokonferenzen, gegen die sich die meisten Kollegen immer gewehrt hatten (der Business-Flieger war besser) stellten sich als durchaus praktikabel und produktiv heraus. Lehrer lernten eine Menge über Internet-Teaching. Das Homeoffice wurde für Viele zu einer Selbstverständlichkeit – einschließlich des Improvisierens und Zeit-Jonglierens, das damit verbunden ist.

Gleichzeitig erlebten scheinbar veraltete Kulturtechniken eine Renaissance. Plötzlich erwischte man nicht nur den Anrufbeantworter, wenn man anrief, sondern real vorhandene Menschen. Das Virus brachte eine neue Kultur des Langtelefonieren ohne Second Screen hervor. Auch die »messages« selbst bekamen plötzlich eine neue Bedeutung. Man kommunizierte wieder wirklich. Man ließ niemanden mehr zappeln. Man hielt niemanden mehr hin. So entstand eine neue Kultur der Erreichbarkeit. Der Verbindlichkeit.

Menschen, die vor lauter Hektik nie zur Ruhe kamen, auch junge Menschen, machten plötzlich ausgiebige Spaziergänge (ein Wort, das vorher eher ein Fremdwort war). Bücher lesen wurde plötzlich zum Kult.

Reality Shows wirkten plötzlich grottenpeinlich. Der ganze Trivia-Trash, der unendliche Seelenmüll, der durch alle Kanäle strömte. Nein, er verschwand nicht völlig. Aber er verlor rasend an Wert.
Kann sich jemand noch an den Political-Correctness-Streit erinnern? Die unendlich vielen Kulturkriege um … ja um was ging da eigentlich?

Krisen wirken vor allem dadurch, dass sie alte Phänomene auflösen, über-flüssig machen…

Zynismus, diese lässige Art, sich die Welt durch Abwertung vom Leibe zu halten, war plötzlich reichlich out.
Die Übertreibungs-Angst-Hysterie in den Medien hielt sich, nach einem kurzen ersten Ausbruch, in Grenzen.

Nebenbei erreichte auch die unendliche Flut grausamster Krimi-Serien ihren Tipping Point.

Wir werden uns wundern, dass schließlich doch schon im Sommer Medikamente gefunden wurden, die die Überlebensrate erhöhten. Dadurch wurden die Todesraten gesenkt und Corona wurde zu einem Virus, mit dem wir eben umgehen müssen – ähnlich wie die Grippe und die vielen anderen Krankheiten. Medizinischer Fortschritt half. Aber wir haben auch erfahren: Nicht so sehr die Technik, sondern die Veränderung sozialer Verhaltensformen war das Entscheidende. Dass Menschen trotz radikaler Einschränkungen solidarisch und konstruktiv bleiben konnten, gab den Ausschlag. Die human-soziale Intelligenz hat geholfen. Die vielgepriesene Künstliche Intelligenz, die ja bekanntlich alles lösen kann, hat dagegen in Sachen Corona nur begrenzt gewirkt.

Damit hat sich das Verhältnis zwischen Technologie und Kultur verschoben. Vor der Krise schien Technologie das Allheilmittel, Träger aller Utopien. Kein Mensch – oder nur noch wenige Hartgesottene – glauben heute noch an die große digitale Erlösung. Der große Technik-Hype ist vorbei. Wir richten unsere Aufmerksamkeiten wieder mehr auf die humanen Fragen: Was ist der Mensch? Was sind wir füreinander?

Wir staunen rückwärts, wieviel Humor und Mitmenschlichkeit in den Tagen des Virus tatsächlich entstanden ist.

Wir werden uns wundern, wie weit die Ökonomie schrumpfen konnte, ohne dass so etwas wie »Zusammenbruch« tatsächlich passierte, der vorher bei jeder noch so kleinen Steuererhöhung und jedem staatlichen Eingriff beschworen wurde. Obwohl es einen »schwarzen April« gab, einen tiefen Konjunktureinbruch und einen Börseneinbruch von 50 Prozent, obwohl viele Unternehmen pleitegingen, schrumpften oder in etwas völlig anderes mutierten, kam es nie zum Nullpunkt. Als wäre Wirtschaft ein atmendes Wesen, das auch dösen oder schlafen und sogar träumen kann.

Heute im Herbst, gibt es wieder eine Weltwirtschaft. Aber die Globale Just-in-Time-Produktion, mit riesigen verzweigten Wertschöpfungsketten, bei denen Millionen Einzelteile über den Planeten gekarrt werden, hat sich überlebt. Sie wird gerade demontiert und neu konfiguriert. Überall in den Produktionen und Service-Einrichtungen wachsen wieder Zwischenlager, Depots, Reserven. Ortsnahe Produktionen boomen, Netzwerke werden lokalisiert, das Handwerk erlebt eine Renaissance. Das Global-System driftet in Richtung GloKALisierung: Lokalisierung des Globalen.

Wir werden uns wundern, dass sogar die Vermögensverluste durch den Börseneinbruch nicht so schmerzen, wie es sich am Anfang anfühlte. In der neuen Welt spielt Vermögen plötzlich nicht mehr die entscheidende Rolle. Wichtiger sind gute Nachbarn und ein blühender Gemüsegarten.

Könnte es sein, dass das Virus unser Leben in eine Richtung geändert hat, in die es sich sowieso verändern wollte?

RE-Gnose: Gegenwartsbewältigung durch Zukunfts-Sprung

Warum wirkt diese Art der »Von-Vorne-Szenarios« so irritierend anders als eine klassische Prognose? Das hängt mit den spezifischen Eigenschaften unseres Zukunfts-Sinns zusammen. Wenn wir »in die Zukunft« schauen, sehen wir ja meistens nur die Gefahren und Probleme »auf uns zukommen«, die sich zu unüberwindbaren Barrieren türmen. Wie eine Lokomotive aus dem Tunnel, die uns überfährt. Diese Angst-Barriere trennt uns von der Zukunft. Deshalb sind Horror-Zukünfte immer am Einfachsten darzustellen.

Re-Gnosen bilden hingegen eine Erkenntnis-Schleife, in der wir uns selbst, unseren inneren Wandel, in die Zukunftsrechnung einbeziehen. Wir setzen uns innerlich mit der Zukunft in Verbindung, und dadurch entsteht eine Brücke zwischen Heute und Morgen. Es entsteht ein »Future Mind« – Zukunfts-Bewusstheit.

Wenn man das richtig macht, entsteht so etwas wie Zukunfts-Intelligenz. Wir sind in der Lage, nicht nur die äußeren »Events«, sondern auch die inneren Adaptionen, mit denen wir auf eine veränderte Welt reagieren, zu antizipieren.

Das fühlt sich schon ganz anders an als eine Prognose, die in ihrem apodiktischen Charakter immer etwas Totes, Steriles hat. Wir verlassen die Angststarre und geraten wieder in die Lebendigkeit, die zu jeder wahren Zukunft gehört.

Wir alle kennen das Gefühl der geglückten Angstüberwindung. Wenn wir für eine Behandlung zum Zahnarzt gehen, sind wir schon lange vorher besorgt. Wir verlieren auf dem Zahnarztstuhl die Kontrolle und das schmerzt, bevor es überhaupt wehtut. In der Antizipation dieses Gefühls steigern wir uns in Ängste hinein, die uns völlig überwältigen können. Wenn wir dann allerdings die Prozedur überstanden haben, kommt es zum Coping-Gefühl: Die Welt wirkt wieder jung und frisch und wir sind plötzlich voller Tatendrang.

Coping heißt: bewältigen. Neurobiologisch wird dabei das Angst-Adrenalin durch Dopamin ersetzt, eine Art körpereigener Zukunfts-Droge. Während uns Adrenalin zu Flucht oder Kampf anleitet (was auf dem Zahnarztstuhl nicht so richtig produktiv ist, ebenso wenig wie beim Kampf gegen Corona), öffnet Dopamin unsere Hirnsynapsen: Wir sind gespannt auf das Kommende, neugierig, vorausschauend. Wenn wir einen gesunden Dopamin-Spiegel haben, schmieden wir Pläne, haben Visionen, die uns in die vorausschauende Handlung bringen.

Erstaunlicherweise machen viele in der Corona-Krise genau diese Erfahrung. Aus einem massiven Kontrollverlust wird plötzlich ein regelrechter Rausch des Positiven. Nach einer Zeit der Fassungslosigkeit und Angst entsteht eine innere Kraft. Die Welt »endet«, aber in der Erfahrung, dass wir immer noch da sind, entsteht eine Art Neu-Sein im Inneren.

Mitten im Shut-Down der Zivilisation laufen wir durch Wälder oder Parks, oder über fast leere Plätze. Aber das ist keine Apokalypse, sondern ein Neuanfang.

So erweist sich: Wandel beginnt als verändertes Muster von Erwartungen, von Wahr-Nehmungen und Welt-Verbindungen. Dabei ist es manchmal gerade der Bruch mit den Routinen, dem Gewohnten, der unseren Zukunfts-Sinn wieder freisetzt. Die Vorstellung und Gewissheit, dass alles ganz anders sein könnte – auch im Besseren.

Vielleicht werden wir uns sogar wundern, dass Trump im November abgewählt wird. Die AFD zeigt ernsthafte Zerfransens-Erscheinungen, weil eine bösartige, spaltende Politik nicht zu einer Corona-Welt passt. In der Corona-Krise wurde deutlich, dass diejenigen, die Menschen gegeneinander aufhetzen wollen, zu echten Zukunftsfragen nichts beizutragen haben. Wenn es ernst wird, wird das Destruktive deutlich, das im Populismus wohnt.

Politik in ihrem Ur-Sinne als Formung gesellschaftlicher Verantwortlichkeiten bekam dieser Krise eine neue Glaubwürdigkeit, eine neue Legitimität. Gerade weil sie »autoritär« handeln musste, schuf Politik Vertrauen ins Gesellschaftliche. Auch die Wissenschaft hat in der Bewährungskrise eine erstaunliche Renaissance erlebt. Virologen und Epidemiologen wurden zu Medienstars, aber auch »futuristische« Philosophen, Soziologen, Psychologen, Anthropologen, die vorher eher am Rande der polarisierten Debatten standen, bekamen wieder Stimme und Gewicht.

Fake News hingegen verloren rapide an Marktwert. Auch Verschwörungstheorien wirkten plötzlich wie Ladenhüter, obwohl sie wie saures Bier angeboten wurden.

Ein Virus als Evolutionsbeschleuniger

Tiefe Krisen weisen obendrein auf ein weiteres Grundprinzip des Wandels hin: Die Trend-Gegentrend-Synthese.
Die neue Welt nach Corona – oder besser mit Corona – entsteht aus der Disruption des Megatrends Konnektivität. Politisch-ökonomisch wird dieses Phänomen auch »Globalisierung« genannt. Die Unterbrechung der Konnektivität – durch Grenzschließungen, Separationen, Abschottungen, Quarantänen – führt aber nicht zu einem Abschaffen der Verbindungen. Sondern zu einer Neuorganisation der Konnektome, die unsere Welt zusammenhalten und in die Zukunft tragen. Es kommt zu einem Phasensprung der sozio-ökonomischen Systeme.

Die kommende Welt wird Distanz wieder schätzen – und gerade dadurch Verbundenheit qualitativer gestalten. Autonomie und Abhängigkeit, Öffnung und Schließung, werden neu ausbalanciert. Dadurch kann die Welt komplexer, zugleich aber auch stabiler werden. Diese Umformung ist weitgehend ein blinder evolutionärer Prozess – weil das eine scheitert, setzt sich das Neue, überlebensfähig, durch. Das macht einen zunächst schwindelig, aber dann erweist es seinen inneren Sinn: Zukunftsfähig ist das, was die Paradoxien auf einer neuen Ebene verbindet.

Dieser Prozess der Komplexierung – nicht zu verwechseln mit Komplizierung – kann aber auch von Menschen bewusst gestaltet werden. Diejenigen, die das können, die die Sprache der kommenden Komplexität sprechen, werden die Führer von Morgen sein. Die werdenden Hoffnungsträger. Die kommenden Gretas.

„Wir werden durch Corona unsere gesamte Einstellung gegenüber dem Leben anpassen – im Sinne unserer Existenz als Lebewesen inmitten anderer Lebensformen.”
Slavo Zizek im Höhepunkt der Coronakrise Mitte März

Jede Tiefenkrise hinterlässt eine Story, ein Narrativ, das weit in die Zukunft weist. Eine der stärksten Visionen, die das Coronavirus hinterlässt, sind die musizierenden Italiener auf den Balkonen. Die zweite Vision senden uns die Satellitenbilder, die plötzlich die Industriegebiete Chinas und Italiens frei von Smog zeigen. 2020 wird der CO&sub2;-Ausstoss der Menschheit zum ersten Mal fallen. Diese Tatsache wird etwas mit uns machen.

Wenn das Virus so etwas kann – können wir das womöglich auch? Vielleicht war der Virus nur ein Sendbote aus der Zukunft. Seine drastische Botschaft lautet: Die menschliche Zivilisation ist zu dicht, zu schnell, zu überhitzt geworden. Sie rast zu sehr in eine bestimmte Richtung, in der es keine Zukunft gibt.

Aber sie kann sich neu erfinden.
System reset.
Cool down!
Musik auf den Balkonen!
So geht Zukunft.

Verfasser: Matthias Horx, www.horx.com und www.zukunftsinstitut.de.
Ergänzend dazu:

Für ein Leben in Kontakt und Leidenschaft
SAbine

Sehnsucht nach Intimität

Kennst du das? 

Ein kurzer Blick. Eine flüchtige Begegnung. Ein paar scheinbar unbedeutende Worte mit einem/einer Fremden. Schnell vorbei, und doch bleibst du zurück mit einem warmen Gefühl in deinem Herz. Was war das jetzt gerade? Mehr davon!

Intime Momente entstehen oft völlig überraschend. Momente, in denen du einen kurzen Blick erhaschen darfst hinter die Fassade deines Gegenüber, einen Blick auf sein Herz, in seine Seele, seine Einzigartigkeit. Dann, wenn du sichtbar wirst, unmaskiert, pur, menschlich – nackt. Es gibt eine tiefe Sehnsucht in uns Menschen nach wahrhaftiger Begegnung die berührt.

Doch warum geschieht das so selten?

Missverständnisse zum Thema Intimität

Vergangenes Wochenende habe ich – gemeinsam mit Andreas – eine Gruppe Frauen und Männer durch das Seminar „Wege zu echter Intimität“ begleitet. Anfangs wurde schnell deutlich, wie viele Ängste das Wort „Intimität“ auslöst. Vieles davon ist mit S*e*x, Entblößung und Nacktheit assoziiert. Dabei kann, wie die obigen Beispiele zeigen, Intimität überall geschehen; angezogen mitten auf der Straße, sogar über tausende Kilometer am Telefon. Und umgekehrt kann selbst S*e*x völlig frei davon sein. Getrennt und abgespalten.

Und: Vermutlich denken wenige bei Intimität an eine Konfrontation, oder an eine Auseinandersetzung.
Doch auch hier ist Intimität möglich und kann neue Türen öffnen. Eine Auseinandersetzung, die auf Augenhöhe, ohne Opfer/Täter-Machtspielchen stattfindet, kann zutiefst intim werden und ungeahnte Möglichkeiten zu Tage fördern.

Wie kann das gehen?
Und vor allem: Wie kann das auch mit Menschen gehen, mit denen du schon ein gemeinsames Stück Geschichte hast und die du zu kennen meinst?

Was braucht es von dir? Was meinst du von deinem Gegenüber hierfür zu brauchen?

intimus (lat.) – dem Rand am fernsten, am weitesten innen. Eine wunderbare Beschreibung.

Von der Kunst intim zu werden
Es braucht deinen Mut, dein Innehalten, deinen Kontakt zu dir, deinem Körper, deiner Seele, deiner Unvollkommenheit. Es braucht deinen Mut zur Lücke, dein Aussteigen aus Gewohnheiten und das Erkennen unbewusster Abwehrmechanismen und Vermeidungsstrategien. Es braucht deine liebevolle Zuwendung – deine Begleitung, deine Heimat in dir. Und dann ein Gegenüber, dem du dich in Begegnung anbietest. Ja, ich schreibe hier bewusst von einem Angebot von dir.

intimus (lat.) – dem Rand am fernsten, am weitesten innen.

Dich für Intimität zu öffnen heißt, deine Verwundbarkeit zuzulassen und Magisches entstehen zu-lassen. Langsam zu werden. Sichtbar menschlich, Unvollkommen und gleichzeitig Einzigartig im Sein. Erfahrungen erfahren (ich schreibe bewusst nicht zu „machen“) im Gesehen werden, mit dem was gerade ist, und vielleicht sogar damit willkommen zu sein. Und auch dieses „vielleicht willkommen“ erwähne ich bewusst. Intimität ist auch ein Risiko.

Und sie nährt uns, macht uns lebendig, inspiriert, bringt unser Herz zum Schwingen, lässt uns Verbundenheit erfahren. Sie macht möglich zu erkennen, dass da soviel mehr ist, als unsere Konzepte, Ideen und Vorstellungen von dem Moment, dem Leben, von uns selbst und von unserem Gegenüber. Sie schafft Möglichkeiten.

Intimität – ein lebenslängliches Abenteuer mit unklarem Ausgang.

Für Lebens- und LiebesforscherInnen Zukünftiges zum Vormerken: Zum Thema Intimität werde ich nächstes Jahr im August (19. bis 22.8.2021) ein weiteres Forschungsfeld (Seminar für Frauen, Männer, Singles und Paare) mit dem Titel „Liebesdinge“ anbieten. Ich freue mich drauf. Näheres dazu beizeiten.

Für dein Leben in Kontakt und Leidenschaft.

Gerne begleite ich dich ein (weiteres) Stück deines Weges.

Der Innere Richter – ein Vermächtnis?

Hallo Du!

Im Lesen des Buches von Alice Miller „Am Anfang war Erziehung“, in dem es um die schwarze Pädagogik und ihre verheerende Wirkung geht, stelle ich fest, wie viele der Kernaussagen der schwarzen Pädagogik mir erschreckend vertraut sind. Unbedingt lesenswert!

Aussagen, die über Generationen weitergegeben wurden und noch heute ihre Wirkung haben. Mir wurde deutlich, dass mein Innerer Richter/Kritiker vieles davon verinnerlicht hat und wie er mich phasenweise auf zerstörerische Art und Weise verzweifeln lässt.

Die Schwierigkeit, die ich bei vielen Menschen und auch bei mir beobachte: Wie mit Gefühlen und schmerzhaften Emotionen umgehen, die „eigentlich“ gar nicht sein dürfen.

Alice Miller schrieb dazu u. a. :

Menschen, denen es von Anfang an in der Kindheit möglich und erlaubt war, auf die ihnen bewusst oder unbewusst zugefügten Schmerzen, Kränkungen und Versagungen adäquat, d.h. mit Zorn, zu reagieren, werden diese Fähigkeit der adäquaten Reaktion auch im reiferen Alter behalten. Als Erwachsene werden sie es spüren und verbal ausdrücken können, wenn man ihnen wehgetan hat. Aber sie werden kaum das Bedürfnis haben, dem anderen deshalb an die Gurgel zu fahren. Dieses Bedürfnis kommt nur bei Menschen auf, die immer auf der Hut sein müssen, dass ihre Staudämme nicht reißen. Wenn diese reißen, ist alles unberechenbar. So ist es begreiflich, dass ein Teil dieser Menschen, aus Angst vor unberechenbaren Folgen, jede spontane Reaktion fürchten muss, und dass es beim anderen Teil zu gelegentlichen Entladungen auf Ersatzpersonen im unverständlichen Jähzorn oder zu regelmäßigen Gewaltakten in Form von Mord und Terroranschlägen kommt. Ein Mensch, der seinen Zorn als Teil von sich selbst verstehen und integrieren kann, wird nicht gewalttätig. Er hat erst das Bedürfnis, den anderen zu schlagen, wenn er seine Wut eben nicht begreifen kann, wenn er mit diesem Gefühl als kleines Kind nicht vertraut werden durfte, es nie als Stück von sich selbst erleben konnte, weil dies in seiner Umgebung völlig undenkbar war.

Von der Gewalt im Selbst

Ein Teil von mir war bis vor kurzem der Ansicht, dass der Innere Richter/Kritiker es irgendwann einmal gut mit mir meinte. Die Strategie, mir selbst etwas schön zu reden, weil alles andere Konsequenzen hätte, die mich konfrontieren würden mit Wut und Schmerz über vergangene Zeiten. Im Gegensatz zu damals als Kind, besteht heute als Erwachsene die Herausforderung darin, Reife und liebende Güte zu entwickeln, anstatt Bewertung und Verurteilung (Gewalt im Selbst), um mit unangenehmen Gefühlen und schmerzhaften Emotionen, die Teil unseres Menschseins sind, zu sein.

Liebende Güte

Berührbar, menschlich, verletzlich oder auch zornig und wütend – und in all dem willkommen. Zugewandte/r Zeuge/in dessen, was mich triggert und in meinem Nervensystem wühlt, und sich mit Hilfe eines vielleicht noch ganz neuen Anteils – ich nenne ihn „liebende Güte“, in der eigenen Zeit beruhigen kann und beruhigen wird.

Über die liebende Güte kann sich ein inneres Gefäß entwickeln, das es mir möglich macht, Gefühle weder zu negieren und abzuspalten, noch gegen mich selbst zu richten oder in dem gewohnten Kampf/Angriff zum Auslöser hin auszuagieren. Bewertungen und Verurteilungen dürfen nach und nach Akzeptanz und Wertschätzung weichen.

Dadurch wird eine Integration abgelehnter Gefühle und Emotionen – mit denen viele von uns nicht gelernt haben umzugehen, möglich. Abgelehnte Anteile können ihren Schrecken verlieren und uns spürbarer in unserer Einzigartigkeit mit uns selbst und anderen in Kontakt gehen lassen. Verbindung versus Verurteilung und Kontaktabbruch.

Ich wünsche dir, mir, uns allen, die notwendige Courage des/der beherzten Kriegers/in für ein Leben in Kontakt (Verbundenheit) und Leidenschaft (aus ganzem Herzen).

Vom Samen bis zur Frucht

„Ich werde nicht in einem ungelebten Leben sterben. Ich werde nicht in Angst leben zu fallen oder Feuer zu fangen. Ich beschließe, meine Tage zu bewohnen, mir zu erlauben, dass mein Leben mich öffnet, um mich weniger ängstlich zu machen, zugänglicher, mein Herz zu lockern, bis es zu einem Flügel, einer Fackel, einem Versprechen wird.
Ich wähle, meine Bedeutung zu riskieren; so zu leben, dass das, was als Samen zu mir kam, weitergeht als Blüte, weitergeht als Frucht.“
Dr.Dawna Markova (gefunden bei Verena Holscher, Körperwelten).

Ressource Mensch

Ressource Mensch ist das Thema, dem ich meine heutigen Zeilen widmen möchte.

Sicher kennst auch du diese Momente, wo du gerade noch in Gedanken auf der Straße dem freundlichen, zugewandten Blick eines fremden Menschen begegnest. Und plötzlich fühlst du dich wie ausgewechselt. Bist hellwach und von einem Moment auf den anderen ist da Leichtigkeit und freudige Entspannung in dir spürbar.

Was ist passiert? Und warum kann so ein kurzer Moment uns so tief berühren und eine derartige Wirkung entfalten?

Wir Menschen haben Grundbedürfnisse. Eines unserer Grundbedürfnisse ist das Bedürfnis nach Anerkennung, Zuwendung und Liebe. Jetzt könntest du sagen, was hat so ein Moment auf der Straße mit Anerkennung und Liebe zu tun? Zuwendung könnte ja noch zutreffen…  Entscheidend ist, was dabei in uns passiert und was für eine Resonanz in uns ausgelöst wird.

In dem Moment, wenn  uns jemand freundlich begegnet – und sei es, er sieht uns „nur“ freundlich in die Augen, lächelt, und dieser Blick erreicht uns, wird eine ganze Kette von angenehmen Reaktionen in uns ausgelöst. Dazu gehört das Gefühl, in Ordnung zu sein, ebenso wie das Gefühl sich willkommen zu fühlen, gesehen und anerkannt zu sein – einfach so. An einem feinen Ort, tief in uns. Ohne hierfür etwas bewusst getan und/oder geleistet zu haben. Ein Geschenk des Lebens – von Mensch zu Mensch.

Wie kostbar, wenn du Möglichkeiten für dich findest, wo du immer mal wieder auf Menschen triffst, die dir Wohlwollen entgegen bringen und wo du immer wieder mal die Erfahrung machen kannst, dich willkommen und anerkannt zu fühlen. Wir sind soziale Wesen. Bei aller Eigenständigkeit und dem Bedürfnis nach Autonomie braucht es auch das zugewandte DU und das WIR für uns Menschen und unsere innere Balance.

In der psychosomatischen Klinik, in der ich neben meiner Selbstständigkeit tätig bin, wird das in der Patientengemeinschaft deutlich. Ich höre immer wieder von den Patienten, wie tief die Gemeinschaft der Patienten untereinander erfahren und wie unterstützend sie auf dem jeweiligen Heilungsweg erlebt wird.

Mein persönlicher Weg hat mich vor ein paar Monaten in einen Gospelchor geführt. Jenseits von Leistung (einmal davon abgesehen, dass es mehr Freude macht, wenn ich den richtigen Ton treffe ;-)) bin ich dort spürbar willkommen. Ich erlebe mich als Teil einer Gruppe von Menschen, die etwas Gemeinsames haben, nämlich Freude am Singen und dabei noch viel Gaudi und Rumgeblödel, Geselliges im Miteinander leben. Ressource Mensch. Ich entdecke und erinnere mein Sonnenkind in mir und erfahre Entspannung und Wohlgefühl im Dabeisein.

Für ein Leben in Kontakt und Leidenschaft.

Zwischen Kampf und Kollaps

Herausforderungen sind Teil des Lebens.

Eine Möglichkeit damit umzugehen ist zu kämpfen. Spannend daran ist die innere Haltung dazu. Weit verbreitet ist gegen etwas zu kämpfen – entweder gegen andere, eine Tatsache, oder gegen sich selbst. Die Betonung hierbei ist das: „gegen etwas.“ Spannend auch: Wer kämpft?

Dieses „gegen“ impliziert ein Nein im Bezug auf etwas, hat eine Vorstellung davon, wie etwas zu sein hat; kostet viel Kraft, die uns auf Dauer nicht zur Verfügung steht und lässt uns früher oder später erschöpfen, ausbrennen. Nicht selten beginnt der Körper immer deutlichere Signale zu senden – die von uns ungehört  – uns krank werden (Einhalt gebieten) und uns schließlich aufgeben (kollabieren) lassen.

Diese Art von Kampf lässt uns eng und hart werden. Verbundenheit geht verloren, Trennung geschieht. (In uns selbst und im Außen). In diesem Kampfmodus mangelt es uns an Flexibilität, an Schwingungsfähigkeit (Empathie) und die Handlungsspielräume werden eng, ähnlich eines immer enger werdenden Korridors. In dieser Art Kampf geht es bei genauerer Betrachtung um Macht und den Versuch, Ohnmacht zu vermeiden. Es geht um Gewinnen oder Verlieren. Und langfristig kann es nur Verlierer geben.

Der Kollaps, von dem ich hier schreibe, ist entweder eine Folge des Kampfes gegen etwas im Außen, oder die Folge des Kampfes gegen sich selbst. Ist die Ursache für unser Streben ein aufgeblasenes Ego, dass ein Gefühl von Mangel an Wert in uns zu überdecken versucht, bekommen wir vom Leben keinen Boden um wirklich landen zu können. Wir können mit unseren Gaben nicht wirklich Fuß fassen. Wir manipulieren andere über unser Wissen, ohne mit unserem Herzen verbunden zu sein.

Ein anderer Blickwinkel ist der Blick auf den inneren Kritiker. Manch ein mächtiger innerer Kritiker hält Menschen klein, sabotiert Entwicklung und macht sie zu Opfern. Die Intention des inneren Kritikers ist die Seele vor möglichen Verletzungen zu schützen. Neue Wege bringen die Möglichkeit zu scheitern, konfrontieren uns ggf. mit der Angst vor Gefühlen wie mangelndem Selbstvertrauen, Unsicherheit, niederem Selbstwert, Scham (bzw. die Angst vor Beschämung) um einige zu nennen. Damit uns das nicht wiederfährt, übernimmt der innere Kritiker und hält uns klein. 

Die Folge: Bei Gegenwind werden die Segel gestrichen. Zu schwierig! Das schaffe ich nicht! Hoffnungslosigkeit und Resignation machen sich breit. Wie in einer Trance/Selbsthypnose werden wir von der Hoffnungslosigkeit und Resignation in uns vereinnahmt.
Das, was sich aus der Tiefe in uns durch uns in das Leben verströmen und wirksam werden möchte wird unterlaufen. Neues, dass einzigartig, noch zart und wackelig, Zeit und einen wohlwollenden Umgang/ein wohlwollendes, unterstützendes Feld bräuchte wird in seiner Entwicklung sabotiert.

Wie kann hier Veränderung und damit inneres Wachstum entstehen?

„Wenn Du alles, was Dir begegnet,
als Möglichkeit zu innerem Wachstum siehst,
gewinnst Du an Stärke.“ 

Milarepa, Tibetischer Meditationsmeister (1052-1135)

Das Sein praktizieren. Tagtäglich. Immer und immer wieder mit einen freundlichen Blick auf sich selbst. Um Stärke zu entwickeln braucht es ein Üben, die Bereitschaft sich wohlwollend auseinanderzusetzen. Es braucht die innere Erlaubnis lernend zu sein, Erfahrungen zu sammeln, menschlich und damit unvollkommen zu sein, Fehler zu machen und die Möglichkeit bei Bedarf nachzujustieren.

Feel, kiss, flow! (Zitat von Chameli Ardagh)

All dies lässt uns Schritt für Schritt an Stärke gewinnen. Stärke die uns entwickeln und reifen lässt  und uns ermöglicht zunehmend bewusster und differenzierter wahrzunehmen, zugewandt mit unseren eigenen Gefühlen umzugehen und zu hinterfragen, worum es gerade wirklich gehen könnte.

Kostbar und hilfreich sind Begegnungen mit Menschen, mit denen wir wagen ein Gegenüber auf Augenhöhe und Herzhöhe zu sein. Freunde, GefährtInnen, Coaches und TherapeutInnen, die sich als Spiegel anbieten, um uns aus blockierenden Identifizierungen zu lösen und uns entwickeln zu können.

Der Königinnen/Königsweg liegt für mich dort, wo wir anstatt gegen etwas zu kämpfen herausfinden, für was wir hier sind. Wenn wir beginnen uns auf unser Herz fokussieren. Wenn wir uns zur Gewohnheit machen herzöffnende Fragen zu stellen:
Worum geht es wirklich? Was gibt es zu lernen? Was ist es, was durch mich in die Welt will? Wofür brenne ich wirklich?
Und dabei geht es nicht ob besser oder schlechter als andere. Dabei geht es nicht um andere. Dabei geht es um deine Einzigartigkeit!

Es geht um nichts weniger, als um den Sinn des eigenen Seins. Was will durch dich in dieses Leben? Was lässt dein Herz singen? Was lässt dich in Kontakt kommen mit deiner Hingabe? Deinem JA? Was lässt dich zeitlos im deinem Wirken werden? Wo entsteht Kraft in deinem Tun? Was bringt dich in Kontakt mit deiner/deinem SchöpferIn in dir?
Was lässt dich dran bleiben, obwohl sich gerade ein Stolperstein nach dem nächsten in den Weg zu legen scheint?

Es ist die Quelle, die in jedem von uns sprudeln möchte. Der Wunsch nach einem sinnerfüllten Leben jenseits von Kampf. Dein Herz ist bereit dich zu führen. Es weist den Weg über deine Berührbarkeit und lässt dich finden, was dich in deinem Sein nährt und wie du im Gehen zu dem großartigen, einzigartigen Wesen heranwächst, das in jedem von uns schlummert.

Zum Wohle des großen Ganzen –  und das Schöne daran ist: Das schließt dein und mein Wohl mit ein 😉

Gerne begleite ich Dich ein (weiteres) Stück des Weges.
Beherzte Grüße
SAbine

Herzensangelegenheiten

Im letzten Monat hatte ich die Möglichkeit, zwei Wochen an dem Yogini Retreat mit Chameli Ardagh und Carina Maria Möller teilzunehmen. Zwei wundervolle Frauen – praktizierende Yoginis, die voller Leidenschaft beherzt ihrer Berufung folgen und damit heilige Räume öffnen. Für mich war es eine kostbare Zeit des intensiven Praktizierens, eine heilige Zeit mit mir im Kreis von Frauen.

Wir sind tief gegangen und haben geforscht, wie weibliche Spiritualität verkörpert, spürbar und auf heilsame Art und Weise in unser jeweiliges Leben und damit auf diese Erde gebracht werden kann. Ganz praktisch – praktizierend.

Wieder einmal hat sich bestätigt, dass die Weisheit des Körpers und seine Präsenz pure Intelligenz sind und durch nichts zu ersetzen.

Es braucht Übungspraxis, hilfreiche Impulse und Teachings, sichere Übungsräume, engagierte GefährtenInnen und Zeit, um sich an das zu erinnern, was längst in jeder und jedem von uns ist. Als leidenschaftliche Körpertherapeutin war die Zeit dort für mich tief berührend und eine Bestätigung für mein Streben, meinen Weg, mein Sein.

Wir haben uns auf unterschiedlichste Energien eingelassen und diese Qualitäten in unseren Zellen als Resonanzfeld wiederentdeckt, ähnlich dem Setting des 1. Moduls meines Frauenjahrestrainings. Und es gab Ergänzungen, Erweiterungen, Verfeinerungen für mich. Voller Vorfreude blicke ich auf das kommende, im September beginnende 9. Frauenjahrestraining.

Eine Aussage geht mir sehr nach: Das Herz entspannen!

Dieser Fokus war mir bisher fremd. Mich trifft er – ins Herz. Seither bin ich mehr in Kontakt mit meinem Herzen: Beobachte, wie es zusammenzuckt, sich zusammenzieht, wenn ich Unwohlsein empfinde. Unwohlsein über das, was sich mein Kopf gerade ausdenkt, oder z. B. bei Begegnungen, bei denen ich in Kontakt komme mit Angst, Ärger, Trauer oder Schmerz. Über das Zusammenziehen meines Herzens entsteht Druck in mir, kombiniert mit dem reflexhaften Anhalten meines Atems steigt die innere Spannung. Und ich will entweder nur weg, um Weiterem zu entkommen (Fluchtimpuls), oder ich spüre den Impuls, den Druck über Angriff loswerden zu wollen. Auch Scham spüre ich in diesem Kontext. Scham darüber, dass ich mich mal wieder aus dem Gleichgewicht bringen lasse… Letzteres ist prima geeignet um den Druck gegen mich selbst zu wenden.

Im Zusammenhang mit dem Thema Angriff erinnere ich mich an eine Yogini, die davon berichtete, wieviel Zeit sie ihres Lebens bisher scheinbar alternativlos mit dem Schwert in der Hand gelebt hat. Ihr wurde klar, dass sie das Schwert nicht mehr braucht und dass es für sie nicht darum geht, es einfach in der Schwertscheide „zwischenzuparken“. Nein, es geht für sie darum, das Schwert abzulegen. Bereit zu fühlen und das Muster der Kämpferin abzulösen.

Ich habe mich in ihr wiedererkannt und auch die Notwendigkeit für mich, das Schwert abzulegen, mir Zeit zu geben, mein Herz zu entspannen und – berührbar, fühlend – mein JA zu meinen Gefühlen entstehen zu lassen. Und dann, ohne Druck, in der eigenen Zeit, die Spannung abfließen zu lassen. Intimität mit mir. Offen für das, was daraus entstehen will. Der scheinbare Widerspruch hierbei ist, dass so ein Herz über die gelebte Entspannung, über das Dableiben, an Stärke gewinnt.

Und wir Menschen haben unterschiedliche Überlebensstrategien. Zählst Du Dich zu den Menschen, die tendentiell eher am kämpfen sind, könnte der Fokus auf das eben Beschriebene interessant für Dich sein. Eine Möglichkeit um Deine persönlichen Handlungsspielräume zu erweitern.
Und es gibt auch diejenigen unter uns, denen eine Kampferprobung gut täte, um eingefrorene Energie ins fließen bringen zu können, und für die hier der Fokus sein könnte. Körperlich spürbar lebendiger werden und die Fähigkeit sich wieder anzueignen, bei Bedarf kämpfen zu können. Entscheiden. Wahl- und Handlungsmöglichkeiten können so entstehen.

Jedes meiner angebotenen Seminare bietet Möglichkeiten, über Deinen Körper Deinem Herzen und damit Dir selbst näher zu kommen. Für Frauen gibt es aktuell noch die Möglichkeit, im nächsten Jahrestraining mit dabei zu sein, das durch den kontinuierlichen Prozess in einer festen Gruppe und die aufeinander aufbauenden Module das Intensivste meiner derzeitigen Angebote ist.

Für Dein Leben in Kontakt und Leidenschaft.

Gerne begleite ich Dich ein (weiteres) Stück Deines Weges.