Jeder kennt Situationen wie diese: Gerade noch gut gelaunt und unbeschwert, genügt ein an sich harmloser Satz, eine Geste, eine Aktion oder auch ein Unterlassen deines Gegenübers, um deine Stimmung kippen zu lassen. Du spürst ein Grimmen im Unterbauch, das Lachen gefriert dir, du kannst dem Anderen nicht mehr in die Augen schauen, du verstummst. Oder du rastest aus, reagierst übermäßig schroff, wie ferngesteuert, nicht mehr du selbst. Was ist passiert?
Erinnerung geschieht über Resonanz
In Resonanz kann nur etwas mit uns gehen, was wir kennen. In unseren Zellen sind alte, unverarbeitete Verletzungen gespeichert. Erleben wir Situationen als überwältigend, liegt der Verdacht nahe, dass wir in Kontakt sind mit Verletzungen aus unserer frühen Kindheit, die wir mehr oder weniger erfolgreich verdrängt haben. Es ist unvermeidlich, dass wir in unserem Alltag und in unseren Beziehungen auf jene Gefühle von damals treffen. Zeit, uns zu erinnern.
Was schmerzt? Wo liegt der Ursprung unserer „Knöpfe“ (Trigger)?
Für Kinder ist es essentiell, als ein eigenes Wesen angenommen zu sein, Aufmerksamkeit und Liebe zu bekommen. Vorbehaltlose Liebe.
Das, was schmerzt, sind Erinnerungen an frühkindliche Erfahrungen, bei denen wir mit unseren Grundbedürfnissen missachtet wurden.
Solche Erfahrungen sind beispielsweise: nur unter Vorbehalt angenommen zu werden (wenn du..., dann....), zu viel, zu anstrengend zu sein, verraten und/oder alleingelassen, Grenzverletzungen, benutzt oder missbraucht, (physisch und/oder psychisch), wertlos oder unwichtig zu sein (keine Zeit: "siehst du nicht, das ich gerade zu tun habe...."), nicht gesehen, anerkannt und unterstützt zu werden, als das einzigartige Wesen, das man ist.
Dies sind Erfahrungen, die für Kinder extrem schmerzhaft sind und die Kinderseele, geschehen sie häufiger, nachhaltig verletzen. Kinder verinnerlichen solche Erfahrungen, schließen daraus, dass sie so, wie sie sind, nicht liebenswert sind und speichern dies als eine Grundüberzeugung tief in ihren Zellen ab. Damit entfremdet sich das Kind von sich selbst und fügt sich in die Wahrheiten von Außenstehenden ein.
Dabei muss uns klar sein, es ist ein sehr schmerzhafter Prozess für ein Kind, sich selbst und damit seine eigene Wahrheit, zu verlassen.
Das verletzte Kind in uns
Das Innere Kind ist nicht irgendein imaginäres Kind ist. Das Innere Kind bist du selbst, so wie du damals gefühlt, gedacht und die Welt gesehen hast. Als Kind sind Verdrängung und Abspaltung von überwältigenden Gefühlen und Schmerz pure Überlebensstrategie. Zu bedrohlich den Schmerz des Erlebten zu fühlen.
Eine Strategie, die wir als Erwachsene oft unbewusst weiter führen und einen hohen Preis dafür bezahlen. Was läuft ab?
Schutzmuster und deren Folgen
Werden die entsprechenden Knöpfe gedrückt, fühlen wir uns oftmals überwältigt von altem, längst verdrängtem Schmerz. Wir sind von der aktuellen Situation in einer Weise vereinnahmt, die dem Erleben und dem Leid des Kindes von damals entspricht.
Der Erwachsene in uns ist absorbiert von den Emotionen aus früher Zeit. Da gibt es Bedürfnisse, Recht zu haben und/oder gar Rache nehmen zu wollen, um den entstandenen Druck abzulassen.
Typische Reaktionsmuster des verletzten Inneren Kindes in uns sind: Angriff oder Flucht (Rückzug), oder die Energie wird „eingefroren“ in Schockzuständen, Verwirrung und/oder Starre. Wir projizieren, denken und analysieren, statt unsere Gefühle zuzulassen und sie zu uns zu nehmen.
Die Folgen sind Gefühlskälte, Isolation, Sucht in all ihren Formen (Arbeitssucht, Konsum, Alkohol, Beziehung, Sex usw.), die Unfähigkeit, Intimität zu leben.
Das Innere Kind, das unsere Zuwendung und Mitgefühl bräuchte, erfährt einmal mehr Ablehnung. Anstelle unserer Eltern haben nun wir diesen Part übernommen.
Wie kann Heilsames entstehen? Wie aus diesem Teufelskreis aussteigen?
Zuwendung und der Mut zu spüren, schaffen Verbindungen wo Trennung geschah. Dabei geht es weniger um das Grübeln und Graben in alten Geschichten, sondern darum, bewusst und mitfühlend mit dem zu sein, was ist, wenn wir im Alltag „kalt erwischt“ , dem Schmerz begegnen - getriggert werden.
Sehr spürbar die Veränderung in unserem Fühlen, wenn wir uns hierfür Zeit nehmen. Eng damit verbunden entwickelt sich die Fähigkeit, verantwortungsvoll zu handeln, auch wenn deine Knöpfe gedrückt werden.
Ein ernsthaftes Interesse, dein Inneres Kind, dieses Wesen in dir kennenzulernen und eine liebevolle Beziehung mit ihm aufzubauen, verändert nachhaltig dein Leben und deine Beziehungen auf magische Weise.