Widerstand – Pforte oder Loch

Dieser Moment, den die Menschheit gerade erlebt, kann als Pforte oder Loch betrachtet werden. Die Entscheidung, ins Loch zu fallen oder durch die Pforte zu schreiten, liegt an Euch....
Von White Eagle (weißer Adler) Hopi Elder

Hallo Du!

Vergangene Woche war ich auf einem Butoh-Retreat. Es war eine schwierige Woche für mich – ganz anders als erhofft. Manchmal ist was anderes drin, als auf der Verpackung drauf steht. ;.). Und, um es vorweg zu nehmen: Die Zeit dort war wichtig, obwohl sie alles andere als einfach für mich war. Im Nachhinein kann ich sagen, sie war kostbar und ich konnte sie für mich nutzen.

Eine Frage taucht auf
In dem Strudel meiner persönlichen Erlebnisse tauchte zeitnah zum Tag der Ahnen/Verstorbenen die Frage auf: Was in mir möchte gehen? Was möchte sterben? Die Antwort kam klar und deutlich: Meine Anhaftung am Schmerz.

Meine Geschichte mit Schmerz
Wenn ich die Geschichte im Kontakt mit dem seelischen Schmerz in mir zurückverfolge, dann gab es in frühen Jahren und auch noch längere Zeit danach, nur das Getrenntsein von meinen Gefühlen. Mich über mein Verstehen, Rationalisieren und Analysieren von dem, was (zu) schmerzhaft war, abzulenken, um mich weniger ausgeliefert zu fühlen. Alternativ dazu gab es das Leistungsprogramm: kämpfen, sich anstrengen, funktionieren.  

Diese Fähigkeiten habe ich perfektioniert. Sie gaben mir die Möglichkeit, all das, was sich schmerzhaft und bedrohlich anfühlte, auszublenden. Jahrzehnte kam ich damit zurecht. Bis diese Mechanismen immer weniger griffen, mein Körper zu rebellieren begann. Ich funktionierte nicht mehr. Das Getrenntsein funktionierte nicht mehr. Erschöpfte mich. Eine neue Phase in meinem Leben kündigte sich an. 

Ich lernte langsam zu fühlen, meine Empfindungen ernst zu nehmen und mit meinen Gefühlen und Emotionen zu sein. Ein Teil von mir, der sich oftmals ohnmächtig und überfordert fühlt wurde spürbarer. Auch wurde mir bewusster, wann ich fragmentiere (innerlich auseinanderfalle) und das dieser Zustand Zeit braucht, bis sich mein Nervensystem wieder beruhigt. Zeit, bis Spannung abfließen kann. Nicht selten wurde all dies begleitet von Schuldgefühlen und der Scham, nicht in Ordnung zu sein.

Es verändert sich
Mittlerweile gelingt es mir immer früher, mich von meinen Projektionen auf den Auslöser (Trigger) zu lösen. Ich habe gelernt, Mitgefühl mit mir selbst zu empfinden, kann meine Gefühle wahrnehmen, kämpfe weniger dagegen an, und – was mir wichtig erscheint, kann sie benennen. Ich bin mutiger geworden mit dem Fühlen. Ich stehe mehr zu mir. Die Momente, in denen ich dem Fühlen über Angriff, Starre oder Flucht ausweiche, sind weniger, mein „window of tolerance“ ist größer geworden. Ich fühle hin. Dorthin, wo es weh tut/tat. Dorthin, wo es einem Teil von mir unerträglich schien. Mit diesen Erfahrungen ist Vertrauen gewachsen und mein Mut, mit dem zu sein, was gerade gefühlt werden möchte.

Sehr hilfreich war für mich in diesem Zusammenhang immer wieder der Satz von Osho:

Widerstand bringt Fortdauer – sein lassen löst auf.

Ich begann, Mitgefühl mit mir zu empfinden in all dem, was gewesen war. Ich trauerte. Wütete. Beides Gefühle, die ich wieder erinnern konnte. Spüre und mache mir zu eigen, was zu spüren früher nicht möglich gewesen war.

Widerstand bekommt eine neue Ausrichtung
Mit der Entscheidung dafür, meine Anhaftung an seelischem Schmerz zu lösen, bekommt der Begriff "Widerstand" eine neue Ausrichtung. Widerstehen.

Es ist einem Teil in mir zur Gewohnheit geworden, sich über den Schmerz und meine Geschichte zu identifizieren und diese zu kultivieren. Mit diesem Verhaltensmuster - wirksam wie ein Sog, zieht es mich hinein in das Loch, lässt mich kleben bleiben am Schmerz und den dazugehörigen alten Geschichten. Neue Glaubenssätze haben sich gefunden. Von der unbewussten Schutzstrategie: Ich spalte den Schmerz ab, hin zu der Identifizierung mit dem Selbstbild: Ich bin die Verletzte. Hier ist es an der Zeit mich neu auszurichten.

Widerstehen heißt seit ein paar Tagen für mich, der Gewohnheit zu widerstehen, mich über Schmerz und die alten Geschichten zu definieren. Für einen Teil in mir fühlt sich die Abwendung vom Schmerz wie Verrat an. Hier gilt es, beherzt und achtsam zu sein und einen Glaubenssatz zu verändern.

Fühlen, zuwenden, mitfühlen, dem Sog widerstehen - und loslassen. Den Fokus bewusst setzen.

Dies zu praktizieren heißt, schneller den Fokus auf das Hier und Heute zu richten, das mit dem alten Schmerz nur den Auslöser/Erinnerungsmoment gemein hat.

Wer bin ich, ohne diesen alten Schmerz?

Was gibt es hilfreiches dazu in meiner Werkzeugkiste?

  • Liebe.
  • Atmen.
  • Staunen.
  • Lächeln.
  • Achtsamkeit: z. B. Diskussionen vermeiden - im Innen wie im Außen.
  • Über möglichst viele Sinne angenehmes erinnern. Imagination. Nährende Vorstellungen/Erinnerungen körperlich spürbar werden lassen.
  • Raus, in die Natur.
  • Musik und Tanz.
  • Spiel.
  • ...

Portal statt Loch
Ich möchte die Ausrichtung auf die Pforte zur Gewohnheit werden lassen. Es ist meine Entscheidung. Immer und immer wieder. Ein Praktizieren - ein Üben, menschlich zu sein und mich für die Fülle, die Freude und die Liebe zu entscheiden.

Sehr passend ist dazu für mich das Zitat aus dem unten verlinkten Text: Mache es dir zur Gewohnheit das Heilige jeden Tag zu treffen. Mein Dank gilt White Eagle (weißer Adler) Hopi Elder, VerfasserIn des folgenden Textes. Er hat mich inspiriert diesen Newsletter zu verfassen. ZUM TEXT

Möge dieser Text auch Dich darin unterstützen immer öfter bewusst die Pforte zu wählen.

Gerne lese ich von Dir, was Du für heilige Erfahrungen machst, in dieser besonderen Zeit.

Lebens-und liebesforschend
SAbine