Hallo Du!
Im Lesen des Buches von Alice Miller „Am Anfang war Erziehung“, in dem es um die schwarze Pädagogik und ihre verheerende Wirkung geht, stelle ich fest, wie viele der Kernaussagen der schwarzen Pädagogik mir erschreckend vertraut sind. Unbedingt lesenswert!
Aussagen, die über Generationen weitergegeben wurden und noch heute ihre Wirkung haben. Mir wurde deutlich, dass mein Innerer Richter/Kritiker vieles davon verinnerlicht hat und wie er mich phasenweise auf zerstörerische Art und Weise verzweifeln lässt.
Die Schwierigkeit, die ich bei vielen Menschen und auch bei mir beobachte: Wie mit Gefühlen und schmerzhaften Emotionen umgehen, die „eigentlich“ gar nicht sein dürfen.
Alice Miller schrieb dazu u. a. :
Menschen, denen es von Anfang an in der Kindheit möglich und erlaubt war, auf die ihnen bewusst oder unbewusst zugefügten Schmerzen, Kränkungen und Versagungen adäquat, d.h. mit Zorn, zu reagieren, werden diese Fähigkeit der adäquaten Reaktion auch im reiferen Alter behalten. Als Erwachsene werden sie es spüren und verbal ausdrücken können, wenn man ihnen wehgetan hat. Aber sie werden kaum das Bedürfnis haben, dem anderen deshalb an die Gurgel zu fahren. Dieses Bedürfnis kommt nur bei Menschen auf, die immer auf der Hut sein müssen, dass ihre Staudämme nicht reißen. Wenn diese reißen, ist alles unberechenbar. So ist es begreiflich, dass ein Teil dieser Menschen, aus Angst vor unberechenbaren Folgen, jede spontane Reaktion fürchten muss, und dass es beim anderen Teil zu gelegentlichen Entladungen auf Ersatzpersonen im unverständlichen Jähzorn oder zu regelmäßigen Gewaltakten in Form von Mord und Terroranschlägen kommt. Ein Mensch, der seinen Zorn als Teil von sich selbst verstehen und integrieren kann, wird nicht gewalttätig. Er hat erst das Bedürfnis, den anderen zu schlagen, wenn er seine Wut eben nicht begreifen kann, wenn er mit diesem Gefühl als kleines Kind nicht vertraut werden durfte, es nie als Stück von sich selbst erleben konnte, weil dies in seiner Umgebung völlig undenkbar war.
Von der Gewalt im Selbst
Ein Teil von mir war bis vor kurzem der Ansicht, dass der Innere Richter/Kritiker es irgendwann einmal gut mit mir meinte. Die Strategie, mir selbst etwas schön zu reden, weil alles andere Konsequenzen hätte, die mich konfrontieren würden mit Wut und Schmerz über vergangene Zeiten. Im Gegensatz zu damals als Kind, besteht heute als Erwachsene die Herausforderung darin, Reife und liebende Güte zu entwickeln, anstatt Bewertung und Verurteilung (Gewalt im Selbst), um mit unangenehmen Gefühlen und schmerzhaften Emotionen, die Teil unseres Menschseins sind, zu sein.
Liebende Güte
Berührbar, menschlich, verletzlich oder auch zornig und wütend - und in all dem willkommen. Zugewandte/r Zeuge/in dessen, was mich triggert und in meinem Nervensystem wühlt, und sich mit Hilfe eines vielleicht noch ganz neuen Anteils – ich nenne ihn „liebende Güte“, in der eigenen Zeit beruhigen kann und beruhigen wird.
Über die liebende Güte kann sich ein inneres Gefäß entwickeln, das es mir möglich macht, Gefühle weder zu negieren und abzuspalten, noch gegen mich selbst zu richten oder in dem gewohnten Kampf/Angriff zum Auslöser hin auszuagieren. Bewertungen und Verurteilungen dürfen nach und nach Akzeptanz und Wertschätzung weichen.
Dadurch wird eine Integration abgelehnter Gefühle und Emotionen – mit denen viele von uns nicht gelernt haben umzugehen, möglich. Abgelehnte Anteile können ihren Schrecken verlieren und uns spürbarer in unserer Einzigartigkeit mit uns selbst und anderen in Kontakt gehen lassen. Verbindung versus Verurteilung und Kontaktabbruch.
Ich wünsche dir, mir, uns allen, die notwendige Courage des/der beherzten Kriegers/in für ein Leben in Kontakt (Verbundenheit) und Leidenschaft (aus ganzem Herzen).